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Bild: Franz Leuninger Schule

Pressebericht "Ein Dorf umsorgt seine Kinder"

Schule auf dem Land

Im hessischen Mengerskirchen sind nicht nur Schule, Kita und Krippe eng vernetzt, geschaffen wurde ein einzigartiges kommunales Netzwerk für Familien im ländlichen Raum. Damit können Probleme in der Corona-Pandemie abgefedert werden.

Drei schlichte Flachbauten, das ist die Franz-Leuninger-Schule in Mengerskichen im Westerwald. Äußerlich unterscheidet sie sich wenig von anderen Schulen. Diese Schule ist aber etwas Besonderes.

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Denn hier entstand schon vor Jahren die Idee, ein wohl beispielloses kommunales Netzwerk aufzubauen, das die Kinder auf ihrem ganz individuellen Weg unterstützt: das Bildungsforum Mengerskirchen. Damit Familien sich in der 6.100-Einwohner-Gemeinde im Westerwald mit ihren fünf Ortsteilen wohlfühlen, haben sich in Mengerskirchen alle wichtigen Akteure zusammengetan: Krippen-, Kita-, und Schulleitungen, der Bürgermeister, die Gemeinderäte, der Pfarrer und Unternehmen – und natürlich auch die Eltern. Rektorin Nicole Schäfer ist es gelungen, alle im Ort für ihr ganzheitliches Konzept zu begeistern: „Ein afrikanischer Spruch sagt ja: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“

Wie viele ländliche Kommunen kämpft auch Mengerskirchen um jeden Einwohner. Inzwischen sind die Franz-Leuninger-Schule und das großartige Unterstützungsangebot des Bildungsforums ein wichtiger Grund für berufstätige Eltern, den längeren Fahrtweg zur Arbeit im Kauf zu nehmen. „Unsere Eltern sagen uns: Gott sei Dank wohnen wir hier und haben Euch“, berichtet die Schulleiterin. Das hörte sie auch immer wieder in der schwierigen Zeit der Corona-Pandemie.

In Mengerskirchen ist vieles möglich: Als im ersten Lockdown nur Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen in die Notbetreuung durften, besorgte die Schule, wo es nötig war, einen Babysitter für Zuhause. Den hat der Förderverein bezahlt. Wurden in der Kita Erzieher krank oder fielen aus, weil sie der Risikogruppe angehören, schickte die Grundschule Studenten aus ihrem Personalpool. Auch umgekehrt hilft man sich. Nach den ersten Monaten in der Corona-Pandemie machten dann alle Bestandsaufnahme. „Wir fragten die Eltern, was wir besser machen können“, sagt die Schulleiterin. „Deutlich wurde: Wir müssen möglichst verlässlich bleiben und individuelle Lösungen anbieten.“ Ein Beispiel: Eine Mutter war arbeitslos geworden und hatte eine neue Stelle in Aussicht. Bis dahin bezahlte der Förderverein ihre Stromrechnung . Es ist die Mischung aus anspruchsvollem Schulkonzept, Unterstützungsangeboten und der Verzahnung zwischen den Akteuren in der Kommune, die das Mengerskirchener Erfolgskonzept ausmachen. Keine Familie soll sich alleingelassen fühlen.

Zusammen mit ihrem damaligen Kollegium hat Nicole Schäfer vor rund 16 Jahren das Bildungsforum Mengerskirchen initiiert. Die Grundschule und die drei Kitas, der Bürgermeister, das Familienbüro und die katholische Kirchengemeinde haben das Netzwerk mitgegründet. Auch die weiterführende Schule am Ort schloss sich an. Im Förderverein ist zudem die örtliche Wirtschaft vertreten. „Gemeinsam haben wir überlegt: Was brauchen unsere Eltern und unsere Kinder?“ erinnert die Schulleiterin an den Ursprung des Netzwerkes.

Wir hatten festgestellt: Wir sind für viele Kinder gut, kommen aber bei manchen Kindern an unsere Grenzen“, schildert die Schulleiterin den Impuls, etwas zu verändern. Die Lehrer waren unsicher, wie sie mit behinderten Kindern umgehen sollen, wie sie auf Verhaltungsauffälligkeiten in der Klasse reagieren sollen. Auch von den Familien kamen Wünsche: „Sie wollten längere und verlässliche Betreuungszeiten“, so Nicole Schäfer. „Damals waren wir noch keine Ganztagsschule.“

Inzwischen können sich die Eltern darauf verlassen: Ihre Kinder werden ganztags betreut, ob in der Krippe, der Kita oder in der Schule - und das kostenfrei. Die Schulen sind in Trägerschaft des Landkreises, drei Kitas und eine Krippe betreibt die katholische Kirche. Zwei weitere Krippen sind in kommunaler Trägerschaft. Allein für die Kitas zahlt die Gemeinde abzüglich der Landes- und Kreisförderung und des Engagements der Kirche rund 1,48 Millionen Euro pro Jahr. „Das ist für unsere Gemeinde eine erhebliche Leistung“, sagt Bürgermeister Thomas Scholz. Er betont: „Die erfolgreiche Arbeit in unserem Bildungsforum mit einmaligem Netzwerk zwischen so vielen Einrichtungen wie Kinderkrippen, Kindertagesstätten, Schulen, Kirche, Vereinen und der Kommune begleiten und fördern wir seit 2005 gerne.“ Es lohne sich: „Alle Netzwerkteilnehmer agieren partnerschaftlich zusammen mit den Eltern für optimale Bildungs- und Entwicklungsverläufe unserer Kinder. Das lässt junge Familien im kinderfreundlichen Mengerskirchen gut leben.

Stephanie Opel leitet die Geschäftsstelle des Bildungsforums, sie ist bei der Gemeinde angestellt und in die Steuerungsgruppe und in den Vorstand des Fördervereins gewählt. Sie sagt: „Ich kann jeder Kommune ein solches Netzwerk aus tiefstem Herzen empfehlen.“ Die positiven Effekte machten sich bei der Einwohnerentwicklung in den vergangenen fünf Jahren bemerkbar. „Da, wo man sich als Familie gut aufgehoben fühlt, kann man sich auch leichter für ein Kind, ein zweites oder ein drittes Kind entscheiden.“ Mengerskirchen ist 2019 deshalb auch mit dem 2. Demografiepreis des Landes Hessen ausgezeichnet worden.

Hauptaufgabe des Bildungsforums und des Fördervereins ist es, schnelle Familienhilfe zu leisten. „Wir springen ein, wenn es mal wo klemmt“, sagt die Geschäftsstellenleiterin. Der Förderverein , in dem auch elf Firmen Mitglied sind, zahlt zum Beispiel das Honorar für eine Familientherapeutin, wenn schnelle Hilfe benötigt wird. Oder: Ein Junge muss zu einer psychiatrischen Diagnostik in eine Klinik fahren. „In dem Fall übernahmen wir die Fahrtkosten“, so Stephanie Opel. Eine alleinerziehende Mutter mit sieben Kindern konnte die 350 Euro für die Klassenfahrt ihres Sohnes in der 9. Klasse nicht stemmen. Mit ihrem Verdienst liegt sie knapp über den Bestimmungen für das Bildungs-und Teilhabepaket. „Wir füllen Lücken, wo es keine andere Unterstützung gibt oder gehen zumindest in Vorlage.“ Damit die Netzwerk-Arbeit nicht zu anstrengend wird, brauche es feste Strukturen, rät Stephanie Opel. „Wichtig ist, dass nicht an den Eltern vorbei gehandelt wird. Sie sitzen immer mit am Tisch.“

Die Kinder sollen in Mengerskirchen stets gut in ihrer neuen Etappe ankommen. Bei jedem Übergang - vom Elternhaus zur Krippe, von der Krippe in die Kita, von der Kita in die Schule, von der Grundschule zur weiterführenden Schule - sind alle unterstützend dabei. Ein Beispiel, das Schule machen sollte.

von Gudrun Mallwitz
Redakteurin | KOMMUNAL
22.03.2021

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